Abschnitt B - Anhörungen und Entscheidungen

63 Anhörungen

63.1 Erfordernis einer Anhörung

Ein Boot oder ein Teilnehmer darf nicht ohne Anhörung bestraft werden, ausgenommen gemäß Regeln 30.2, 30.3, 30.4, 64.4(d), 64.5(b), 64.6, 69, 78.2, A5.1 und P2. Eine Entscheidung über Wiedergutmachung darf nicht ohne Anhörung getroffen werden. Das Protestkomitee muss alle Proteste und Anträge auf Wiedergutmachung anhören, die dem Wettfahrtbüro übergeben wurden, sofern es nicht gestattet, einen Protest oder Antrag zurückzuziehen.

63.2 Zeit und Ort der Anhörung; Vorbereitungszeit für die Parteien

Alle Parteien einer Anhörung müssen über Zeit und Ort der Anhörung informiert werden, es müssen Informationen über den Protest bzw. die Wiedergutmachung oder die Anschuldigung für sie verfügbar sein und es muss ihnen ausreichend Zeit für die Vorbereitung auf die Anhörung gewährt werden. Wenn zwei oder mehr Anhörungen aus dem selben Vorfall oder sehr eng zusammenliegenden Vorfällen resulieren, können diese in einer Anhörung gemeinsam angehört werden. Jedoch darf eine Anhörung nach Regel 69 nicht mit irgend einem anderen Typ von Anhörung kombiniert werden.

63.3 Recht auf Anwesenheit

(a) Ein Vertreter jeder Partei einer Anhörung hat das Recht, während der gesamten Anhörung zur Aufnahme aller Beweise anwesend zu sein. Wird in einem Protest ein Verstoß gegen eine Regel des Teils 2, 3 oder 4 behauptet, müssen die Vertreter der Boote während der Zeit des Vorfalls an Bord gewesen sein, sofern es nicht gute Gründe für das Protestkomitee gibt, anders zu entscheiden. Jeder Zeuge, ausgenommen ein Mitglied des Protestkomitees, ist außerhalb seiner Zeugenaussage auszuschließen.

(b) Wenn eine Partei einer Anhörung eines Protestes oder Antrages auf Wiedergutmachung nicht zur Anhörung erscheint, kann das Protestkomitee den Protest oder den Antrag trotzdem entscheiden. War ihre Abwesenheit unvermeidbar, kann das Protestkomitee die Anhörung wieder eröffnen.

63.4 Interessenkonflikt

(a) Ein Mitglied des Protestkomitees muss jeglichen möglichen Interessenkonflikt offenlegen, sobald es sich dessen bewusst ist. Eine Partei einer Anhörung, die der Meinung ist, dass ein Mitglied des Protestkomitees einen Interessenkonflikt hat, muss das so bald wie möglich einwenden. Ein Interessenkonflikt, der durch ein Mitglied des Protestkomitees erklärt wurde, muss in der nach Regel 65.2 vorgesehenen schriftlichen Information aufgeführt sein.

(b) Ein Mitglied des Protestkomitees, das einen Interessenkonflikt hat darf nicht Mitglied des Komitees der Anhörung sein, sofern nicht

(1) alle Parteien zustimmen, oder

(2) das Protestkomitee entscheidet, dass der Interessenkonflikt nicht maßgeblich ist.

(c) Bei der Entscheidung ob ein Interessenkonflikt maßgeblich ist, muss das Protestkomitee die Sicht der Parteien, das Niveau des Konfliktes, das Niveau der Veranstaltung, die Bedeutung für jede der Parteien und die allgemeine Vorstellung von Fairness berücksichtigen.

(d) Für World Sailing Major Events und für andere vom Nationalen Verband des Veranstaltungsortes so festgelegte Veranstaltungen gilt Regel 63.4(b) nicht und eine Person, die einen Interessenkonflikt hat, darf nicht Mitglied des Protestkomitees sein.

63.5 Gültigkeit des Protestes oder des Antrags auf Wiedergutmachung

Das Protestkomitee muss zu Beginn der Anhörung alle ihm notwendig erscheinenden Beweise aufnehmen, um zu entscheiden, ob alle Anforderungen an den Protest oder den Antrag auf Wiedergutmachung erfüllt sind. Sind sie erfüllt, ist der Protest oder der Antrag gültig und die Anhörung muss fortgesetzt werden; wenn nicht, muss das Protestkomitee den Protest oder den Antrag für ungültig erklären und die Anhörung beenden. Ist der Protest gemäß Regel 60.3(a)(1) eingereicht worden, muss das Protestkomitee außerdem ermitteln, ob eine Verletzung oder ein ernsthafter Schaden durch den fraglichen Vorfall verursacht wurde. Wenn nicht, ist die Anhörung zu beenden.

63.6 Beweisaufnahme und Feststellung des Sachverhalts

(a) Das Protestkomitee nimmt die Beweismittel, einschließlich solcher durch Hörensagen der anwesenden Parteien und ihrer Zeugen sowie andere Beweise auf, die es für notwendig hält. Jedoch kann das Protestkomitee Beweismittel ausschließen, die es für irrelevant oder als unnötige Wiederholung hält.

(b) Ein Mitglied des Protestkomitees, das den Vorfall sah, muss dies darlegen und kann aussagen, jeweils in Anwesenheit der Parteien.

(c) Eine anwesende Partei darf jede Person befragen, die eine Aussage macht.

(d) Dann gewichtet das Protestkomitee die beigebrachten Beweismittel wie es diese für angemessen hält, stellt den Sachverhalt fest und gründet seine Entscheidung darauf.

63.7 Widerspruch zwischen Regeln

Besteht ein Widerspruch zwischen zwei oder mehreren Regeln der gelöst werden muss bevor das Protestkomitee eine Entscheidung trifft, muss das Protestkomitee diejenige Regel anwenden, die seiner Meinung nach für alle betroffenen Boote zum fairsten Ergebnis führt. Regel 63.7 gilt nur, wenn der Widerspruch zwischen Regeln der Ausschreibung, den Segelanweisungen oder irgend einem für die Veranstaltung geltenden Dokument besteht, das unter Punkt (g) der Definition Regeln aufgeführt ist.

63.8 Proteste zwischen Booten in verschiedenen Wettfahrten

Ein Protest zwischen Booten, die in verschiedenen, von unterschiedlichen Veranstaltern durchgeführten Wettfahrten segeln, muss durch ein von diesen Veranstaltern gebilligtes Protestkomitee angehört werden.

63.9 Anhörungen unter Regel 60.3(d) Unterstützende Personen
Wenn das Protestkomitee entscheidet, eine Anhörung nach Regel 60.3(d) durchzuführen, muss es unverzüglich das Verfahren nach den Regeln 63.2, 63.3, 63.4 und 63.6 durchführen, mit der Ausnahme, dass die Informationen, die an die Parteien gegeben werden, die Angaben über den behaupteten Verstoß enthalten müssen und eine Person vom Protestkomitee benannt werden kann, die den Vorwurf vorträgt.